Autor*in

Antje Krause

veröffentlicht am

06.11.2025

Ich bin das Stadtbild von Herrn Merz

von Delphine Takwi

Ich bin das Stadtbild von Herrn Merz.
Ich lebe seit über zwanzig Jahren in Deutschland.
Ich habe niemals einen Cent Sozialhilfe genommen.
Ich arbeite. Ich zahle Steuern. Ich leiste meinen Beitrag, jeden einzelnen Tag.
Und doch bin ich ein Stadtbild.
Ich habe hier studiert.

Ich habe mir meinen Platz hier erarbeitet.
Ich habe kein Vorstrafenregister, keine Schuld gegenüber dieser Gesellschaft
und trotzdem bin ich ein Stadtbild.

Ich spreche Deutsch, Englisch, Französisch, Pidgin-Englisch und Creole.
Mit diesen Sprachen baue ich Brücken keine Mauern. Ich unterstütze Kolleginnen, Freunde und Neuankömmlinge,
die ihren Weg in diesem Land suchen, das auch meine Heimat ist.
Und doch bin ich ein Stadtbild.

Ich bin eine Tochter.
Ich bin eine Frau.
Ich bin eine Mutter.
Und trotzdem bin ich laut Herrn Merz
das, was “das Gesicht der Stadt verändert“.
Ja, ich bin das Stadtbild.
Die Stadt sieht aus wie ich, weil ich ein Teil von ihr bin.
Ich gehöre hierher.
Wir gehören hierher.

Unsere Gesichter sind die Gesichter des modernen Deutschlands,
arbeitend, Familien erziehend, Steuern zahlend, Gemeinschaften aufbauend, Zukunft gestaltend.
Wenn also dieses Stadtbild das ist, was Herrn Merz Angst macht,
dann soll er wissen:
Wir sind nicht das Problem.
Wir sind der Beweis
dass Deutschland mehr ist,
als seine Vorstellungskraft zulässt.
Wenn meine Präsenz das Gesicht der Stadt verändert, dann soll sich die Stadt verändern.
Denn Deutschland verändert sich – es ist vielfältig, und dieser Wandel ist keine Bedrohung.
Er ist Fortschritt. Er ist Leben. Er sind wir.
Und das Deutschland, das wir mitgestalten, ist größer, stärker und menschlicher als die Angst in den Worten von Hern Merz.

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